Selbe Aufwachzeit wie gehabt, Kaffee, Butter, Pool. Es wird immer mehr zur Gewohnheit und verliert den Reiz des Besonderen. Aber zuhause ist es doch auch schön… auch ohne Poolbad am Morgen. Mir fehlen echt unsere Stubentiger, immer öfter erwische ich mich dabei die Ist-Situation mit daheim zu vergleichen. War es zu Beginn der Ferien immer „Hier ist es viel schöner (größer/interessanter/aufwendiger)…“ so wird es immer mehr zum „- aber mir fehlt doch dieses und jenes“ – normal, oder? Nach gut drei Wochen Urlaub packt mich immer auch ganz langsam das Heimweh, nach 4 Wochen fahre ich dann auch wirklich wieder sehr gern nach Hause! Aber heute steht ein Ausflug auf dem Programm: die Everglades!
In den vergangenen Jahren haben wir auch je einen Abstecher in die Mangrovengebiete der Everglades gemacht, beide Male eine Airboat-Tour von der „Safari-Ranch“ aus. Diesmal wollen wir den Tamiami Trail nicht so ganz weit rauf und haben uns auf dem Faltplan von Ft. Myers und Umgebung eine Anzeige von „Jungle Erv’s“ rausgefischt (inkl. 5$ Coupon). Der ist kurz vor dem Minipostamt, als nicht ganz so weit weg von Naples. Wir brauchen keine Navi, die I41 finden wir am Del Prado auch so und dann paarundvierzig Km nix wie geradeaus, bzw. den Kurven folgen.
Ich fahre (wie üblich) und es ist noch früh genug um offen zu fahren ohne unter der Hitze zu leiden. Der Tamiami zieht sich (wie üblich), aber wir haben hinter Naples vollgetankt und was immer kommen mag, der Sprit wird reichen.
Im Prospektblatt steht, dass der Ticketschalter eine halbe Meile vor einem hohen Telefonmast ist, den sehen wir dann auch irgendwann. Und die Einfahrt zu Erv auch, aber da sind wir dann schon dran vorbei (liegt hinter einer sanften Kurve), so beschließen wir direkt zum Postamt durch zu fahren. Ob es denn heute geöffnet hat? Wir waren 2008 3 x dort (zu verschiedenen Uhrzeiten) und immer war zu. Beim dritten Mal haben wir da ein bisschen gewartet und ein State Trooper hat gehalten und sich erkundigt, ob wir Probleme hätten. Und die wussten dann Gott sei Dank, dass die Postbeamtin zurzeit Urlaub machte, da hätten wir lange warten können!
Auch das kleinste Postamt der USA liegt hinter einer Kurve, aber ich konnte gerade noch abbremsen und auf den Parkplatz rauschen. Man glaubt es kaum, es war offen! Bin gleich ganz glücklich rausgehopst und hab’ gewartet, bis die ältere Dame (die kennen wir aus dem TV, die arbeitet da auch) mal für einen Moment ihren Plausch mit der Postangestellten unterbrach. Habe eine Karte gekauft und direkt hinter dem Häuschen geschrieben. Meine Ma wollte ja gern Post von uns, das wäre dann jetzt erledigt.
Es war zwar erst kurz nach halb elf, aber schon wieder brütend heiß, sodass mein Göttergatte mich antrieb: zurück ins Auto und Fahrtwind erzeugen.
Jetzt kamen wir also von der anderen Seite und erwischten die Einfahrt zum Jungle Erv’s ganz ohne Probleme. Geparkt und rein ins Gebäude. Ein kleiner Souvenirshop, Eistheke und Ladentheke. Knapp 80 Dollar für 2 inkl. Tax und abzgl. des Coupon, auch nicht ganz preiswert, aber man gönnt sich ja sonst nix. In 10 Minuten würde das Boot losfahren – wurde uns mitgeteilt. Gutes Timing.
Draußen standen min. 6 Boote an diversen Stegen, es gab an jeder Sitzbank dicke Kopfhörer. Bei dem Safari-Airboat kriegten wir immer Klopapier zum in die Ohren stopfen. Da waren auch die Boote um einiges größer, hier passten max. 12 Leute drauf. Dann kam auch schon der Captain, deutete auf das Boot mit dem wir fahren würden und lud zum entern ein. Ich sicherte mir einen Platz ganz vorn außen, ich wollte ja filmen und fotografieren und nicht (wie letztes Mal) dauernd fremde Köpfe vor der Linse haben.
Der Captain (er stellte sich als John Soundso vor) fragte uns nach der Herkunft und die Europäer waren in der Überzahl: 7 Holländer, 2 Deutsche und 2 aus Colorado. Und dann ging’s auch schon los.
Haste was kannste weg vom Bootssteg und mit Vollgas in die Mangroven-Alleen, oder wie immer man diese Pfade durch diese Wildnis nennt. Offensichtlich machte dem Captain das Fahren Spaß, er kurvte wild mit uns durch die Büsche. Ach ja, er hatte auch beim Einsteigen erzählt dass es zwar ab und zu Spritzer gäbe, aber wirklich nass würde man nicht. Und die Sachen im Boot könnten auch nicht über Bord gehen. Das hat mich beruhigt, aber angesichts seines Fahrstils begann ich schnell daran zu zweifeln.
Nach ein paar Minuten legte er an so einer Art Feldweg an, der das Wasser in zwei Bereiche teilte und sprang an Land. Er deutete auf die Ohren und wir nahmen gehorsam die Ohrschützer runter. Dann erzählte er uns einiges über diese Gegend, die diversen Wasserstände in den verschiedenen Jahreszeiten (zurzeit war es schon ziemlich niedrig, erst nach der Regenzeit würde es wieder höher steigen) und den Alligatoren. Die nämlich nicht zu sehen waren und von denen wir auch wahrscheinlich nix zu sehen kriegen würden. Ich glaube, die Holländer waren etwas enttäuscht, für uns war es belanglos, denn wir haben schon etliche Alligatoren hier gesehen und so schön finden wir die Dinger nun auch nicht. Er hat dann noch Tipps gegeben, wo in der Nähe man sie zu sehen bekäme – ein paar Meilen weiter bei einem Indianerdorf.
Dann ging die Fahrt wieder weiter, ich habe fleißig mitgefilmt und richtig Spaß gehabt, weil es streckenweise wirklich echt rasant wurde. Vor allem wenn er das Boot plötzlich so stark drehte, dass wir einen Moment fast rückwärts fuhren, dass hatte echt was von den Attraction-Rides der diversen Parcs! Jürgen guckte komisch, ihm wäre dabei beinahe schlecht geworden. Der Captain kommentierte seine Manöver mit einem lauthalsen „Yiiihaaaa“ – Jürgen bezichtigte mich natürlich (weil ich das auch gern mache – diesen Urschrei), aber ich war unschuldig – dieses Mal wenigstens.
Dann hielten wir noch einmal und John zeigte uns wunderschöne Bromelien. Während er erzählte setzte sich ein ungeheuer großes schimmerndes Fliegenvieh (Horsefly) auf sein Schienbein und ich machte ihn darauf aufmerksam. Er blieb ganz ruhig und erklärte, man müsse warten bis das Vieh sich eine schöne Stelle zum Beißen ausgesucht hat und während sie sich auf ihren Biss konzentriert sei sie abgelenkt und dann (es machte patsch) könnte man sie erwischen. Sie fiel auf das Boot und er trat einmal drauf und kickte sie ins Wasser, ich knipste völlig fasziniert hinterher.
Als nächstes hielten wir an einem Stück Waldlichtung, da war der Boden total aufgewühlt. Hier leben Wildschweine, erzählte John und tat Körner in eine Dose, mit der er dann laut rappelte. Dann warf er die Körner auf den Waldboden und startete den nächsten Versuch. Es wäre eine Familie mit zwei kleinen Schweinchen, erzählte er, aber leider ließ sich keine Steckdosennase blicken, so sehr er auch rappelte und wild mit Körnern um sich warf. Unverrichteter Dinge fuhren wir weiter und diesmal in einen Bereich, da waren viele Stellen gar nicht vom Wasser bedeckt. Hier demonstrierte Captain John, dass die Airboats wohl auch keine Probleme mit dem schliddern über Erd- und Pflanzenstellen hätten, mit „Yiiihaaaa“ ging’s „querfeldein“ über Stock und Stein. Ab und an rumste es mächtig unter dem Rumpf, aber das machte unserem Captain dann noch mehr Spaß. Tja, und dann waren diese 50 Minuten Airboat-Trip vorbei und wir legten ganz gemächlich wieder an. Die nächste Fuhre Leute warteten schon und wir trollten uns in das Ticketlädchen, dort musste ich mir nämlich ein Mitbringsel kaufen: ein Plüsch-Manatee. Der Captain kam rein und sprach uns noch mal an, er fragte, ob wir schon mal ein Manatee gesehen hätten. Und Jürgen konnte seine „Ich bin mit einem Manatee geschwommen und habe es sogar angefasst“-Geschichte erzählen, die hat sogar den Captain beeindruckt (jedenfalls tat er so). Und dann hat er uns auf einer Karte noch mal ganz genau die Everglades gezeigt und auch von wo bis wo jene und ab welcher Stelle diese Vegetation zu finden sei. Menschens Kinder, die Everglades sind echt riesengroß und nur ganz wenig darf man erkunden, das meiste ist Naturschutzgebiet. Macht ja auch Sinn, wenn ich mir vorstelle, dass im Stundentakt dort „Yiiiihaaa“-schreiende Kapitäne mit donnernden Motoren durch brettern…
Wir nahmen die Rückfahrt in Angriff und der Hunger meldete sich. Jürgen sprach von einem Mc Doof, ich hätte zur Abwechslung mal lieber Taco Bell. Der klügere gibt nach (in dem Fall war es mein Lieblingsehemann) und wir fuhren bis Naples, dort gab es ein Taco Bell (laut Navi). War auch da. Geparkt, rein. Ich habe mir ein Combo von 3 Tacos + Getränk ausgesucht, Jürgen wollte ein Burrito mit Nachos und „Trinkkäse“. Hat ne Weile gedauert, aber ich finde das gut, dass die die Sachen immer frisch zubereiten.
So ein Taco kleckerfrei zu essen ist ja eine Kunst, aber ich war nicht schlecht. Jürgen probierte zunächst die Nachos mit der Käsesoße und packte dann seine Burrito-Rolle aus. Ein kurzer Blick, dann die Entscheidung sich Besteck zu holen. Das Burrito in der Mitte durchgeschnitten. Die halbe Rolle mit 10 Fingern zum Mund bugsiert und reingebissen. Erfolg: die Hälfte der Füllung flutschte rechts und links (und unten) aus der Rolle und patschte aufs Tablett (ins Packpapier). Ich konnte mir nur mit Mühe das Lachen verkneifen, denn an Jürgens Gesicht sah ich, dass er von diesem Menü überhaupt nicht begeistert war – nur der Hunger trieb’s rein. Die Füll-Masse sieht ja auch wirklich ein bisschen wie „schon mal gegessen“ aus. Mit der zweiten Hälfte wollte er es geschickter anstellen und hat sie (ähnlich wie die Astronauten ihre Weltraumnahrung) aus der Rolle in den Mund gedrückt, aber es war trotzdem eine große Matscherei. Viel Diet Coke drauf und kaum war ich fertig mit meinen Tacos (fast unfallfrei) schob er mir die Nachos hin – diesen „Mist“ könnte ich auch gleich noch hinterher futtern. Hab ich gemacht, mir schmeckt das mexikanische Zeugs halt.
Raus aus dem Laden und rein ins heiße Auto. Dann maulte Jürgen noch ein bisschen rum…ich hätte doch sicher nicht vergessen, dass er diesen Taco Bell Kram überhaupt nicht mag, warum ich ihn denn dazu genötigt hätte. Okay, ich hatte noch dunkel in Erinnerung, dass es ihm 2007 in Miami nicht besonders geschmeckt hatte, aber vielleicht lag es ja an der Speisenauswahl. Das wären keine Burritos, sondern Bumatschos, hat er gemeckert und ich kriegte den Superlachanfall, weil ich wieder sein mühseliges Gematsche von grade vor Augen hatte. Lassen wir das…
Zuhause haben wir uns an den Pool gelegt und gefaulenzt.
Für den Abend stand ja noch das Sunset-Event am Beach von Cape Coral auf dem Programm. Dorthin haben wir uns dann auch gegen 6 Uhr auf den Weg gemacht.
Mit dem Parken hatten wir Glück, denn gerade fuhr jemand weg. Die Straße am Strand war richtig belebt, viele Autos, viele Menschen. Schon von weitem blinkten und blitzten die alten Chromkarossen einiger Oldtimer, die hier zur Feier des Tages ihre Aufwartung machten. Für die alten amerikanischen Autos kann ich mich grenzenlos begeistern, das drückt sich dann auch in meiner Fotomania aus. Auch ein paar neuere Corvetten (sagt man bestimmt nicht, hört sich aber gut an) standen dort herum und ließen sich auch willenlos ablichten.
Am Strand spielte sich ein einsamer Musiker/Sänger die Finger wund, war jetzt nicht vom Hocker reißend, aber ganz okay.
Dann ganz viele kleine Trödelmarktstände mit den seltsamsten Dingen. Kosmetik, Tupperware, Glassteine zum dekorieren von Vasen, selbstgemachte Lesezeichen und selbstgemachte Lesezeichenhalter (in echt) und vieles mehr an Dingen, die der Mensch nicht braucht. Kitsch as Kitsch can – dachte ich mir dabei. Nachdem wir einmal drüber geschlendert sind hielt uns auch nichts mehr, also ab zum Publix einkaufen.
Tiefkühlpizza, Milch, ein bisschen Gemüse, Sushi (ich komm nicht dran vorbei).
Zuhause genau nach Anweisung die Pizza zubereitet, dummerweise habe ich bei der ersten Pizza (Jürgens) nicht gesehen, dass unter der Pizza ein Pappdeckel war – der wurde dann halt einfach mitgebacken. War aber nicht schlimm, hat den Geschmack nicht beeinträchtigt. Jürgen hat eine halbe Pizza geschafft, ich nur ein Viertel (und das Sushi-Paket).
Schon gegen sieben hatte sich der Himmel beträchtlich verdunkelt, es sah aus, als gäbe es ein fettes Donnerwetter. Hat sich aber ohne Niederschlag verzogen und um kurz vor acht lugte wieder die Sonne hervor und tauchte die Wolken in wunderschönes Licht.
Noch ein bisschen lesen (Die Truhen des Arcimboldo – ich kann’s kaum noch aus der Hand legen), ein bisschen TV und Matratzenhorchdienst.